Matthias Bechtle, Wien.
„Ob dies etwas mit „Kunst“ zu tun hat!?“ war die geläufige Reaktion am Institut für Kunstgeschichte in Wien, die zu Beginn dieser Diplomarbeit mehrfach geäußert wurde.
Tatsächlich handelt es sich bei Heinz Traimer (1921-2002) weder um einen „Alten Meister“, noch um eine gotische Kathedrale oder einen barocken Altar.
Nein, er war ein deutscher Grafiker, um genau zu sein ein Gebrauchsgrafiker und Texter in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Als ob dies nicht genug wäre, hat er nicht elegante Reiselandschaften, Luxushotels, Automobile oder Kosmetika und Wäsche beworben, sondern ein sehr sperriges Thema - das Sparen und Wirtschaften. Als freischaffender „Künstler“ arbeitete er von 1955-1980 hauptsächlich für die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien („Z“) und die Sparkassen Österreichs. In dieser kunsthistorisch und historisch bisweilen kaum erforschten Sparte der grafischen Werbung bewegt sich diese Arbeit.
Dass er vergessen wurde, liegt wohl am Berufsbild des Gebrauchsgrafikers, welches in der Anonymität eher zu suchen ist denn im Öffentlichkeit suchenden Kunstmarkt.
Dabei dürfte Heinz Traimer in Wien beziehungsweise Österreich durchaus noch hunderttausenden Bürgern im Gedächtnis sein, da diese mit seinen Werbeprodukten in Berührung kamen. Selbst im MAK (Museum für angewandte Kunst), im Wienmuseum, in der Wienbibliothek und im Wienmuseum liegen Plakate, allerdings ohne bisher nennenswerte Verwertung, was Ausstellungen oder Publikationen betrifft.
Gerade heute, wo „Kunst“ so offen definiert wird - einschließlich der Fotografie über Videokunst bis hin zu Comic-Art, dürfen die Zeichnungen eines akademischen Grafikers durchaus einen Platz in der Kunstgeschichte beanspruchen.
Ziel der Arbeit
Neben der systematischen Ordnung der Sammlung Traimer, die an die 2.500 Objekte umfasst und im Privathaus gelagert war, soll diese Diplomarbeit als eine erste Monographie angedacht sein, die Traimer der wissenschaftlichen Welt vorstellt. Neben Privatem soll der Ausbildungsweg sowie das Arbeitsleben mit stilistischem Werdegang Traimers aufgezeigt werden. Abschließend wird eine künstlerische Einschätzung unternommen, da bisher eine Verortung noch nicht stattgefunden hat.
Ein zweiter Schwerpunkt – die Werbegrafik/Gebrauchsgrafik – soll dem Leser einen Einblick in deren Entstehung, ihre Ausdrucksformen (Plakat) und Techniken bieten. Hierbei wird im Besonderen der Bereich der Bankenwerbung – abseits theoretischer und werbepsychologischer Aspekte - beschrieben.
Diese Arbeit wird sich stets auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und kommerzieller Grafik bewegen. Hierbei wird versucht, überhaupt zu klären, was ein Gebrauchsgrafiker alles leistet, sprich, was diesen angeblich gegenüber einem Künstler unterscheidet, der ein Plakat entwirft.
Die Ausführungen streifen dabei die Fachbereiche Politik, Volkskunde, Geschlechter-, Wirtschafts-, Sozial- und Kulturgeschichte.
Text: Matthias Bechtle, Wien.
Familien Bechtle-Wohlfarth, Dr. Matthias Traimer, Familie Dr. Michael Traimer & Isabelle Sachsen-Coburg und Gotha sowie Familie Dr. Reinhold Schlötterer und Dr. Roswitha Schlötterer-Traimer.