Geschichte der Bankwerbung

Schwerpunkt deutsche und österreichische Sparkassen-Werbung


Matthias Bechtle: Zuerst wird hier Literatur von Banken genannt, die sich mit der Etablierung von Sparkassen beschäftigt, danach folgen Überlegungen der Banken selbst zu Werbung, gefolgt von Analysen aus dem universitären Bereich, was die Gestaltung dieser angeht. Gegen Ende kommt Heinz Traimer zu Wort, indem er sich zu den besonderen Anforderungen eines Gebrauchs­grafikers in Bezug auf Bankwerbung äußert. Der Abschnitt schließt mit dem Versuch, ver­gleichbare Werbegrafiken zur Bankwerbung zu finden.

 

Geschichte der grafischen Bankwerbung - ein Stiefkind der Forschung 

 

Unter 1.000 Plakaten aus 130 Jahren findet sich im Überblickswerk „The Poster“ nicht ein einziges Bankplakat, dafür aber von Seifenwerbung über Spielfilme bis hin zur Bierwerbung, alles Mögliche. Dies mag symptomatisch sein für die Wahrnehmung von Plakaten dieser Gattung in der Forschung. Außer den üblichen Jubiläumsbüchern von Banken selbst, die wenige alte Plakate zeigen, scheint im deutschsprachigen Bereich dieses Thema kaum bearbeitet zu sein, sieht man von den historischen und kunsthistorischen Untersuchungen, die den Kauf von Kriegsanleihen zum Gegenstand haben, einmal ab.

 

Über Bankenwerbung unter Berücksichtigung kunsthistorischer Aspekte existiert verschwindend wenig Literatur, wie die Nachforschung in Bibliotheken zeigt.

 

Bankwerbung - ein Tabu im deutschsprachigen Raum

 

Nachdem es im deutschsprachigen Raum als unmoralisch galt, für Geldgeschäfte zu werben oder sich als Geldinstitut öffentlich zu präsentieren, war folglich kaum Spielraum vorhanden.[248]

 

Sichtbarstes Zeichen einer Bank war die längste Zeit das Gebäude selbst, in dem es untergebracht war.[249] 1995 erschien ein großes Überblickswerk von Dr. Norbert Emmerich[250], der auf die Entwicklung der Sparkassenwerbung seit 1750 in acht Kapiteln eingeht. Einige Inserate und Plakate illustrieren das Buch. Im selben Jahr fand in Deutschland ein sparkassenhistorisches Symposium zum Thema „Die Sparkassenwerbung – historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven“ statt, bei dem Emmerich ebenfalls referierte. Die Einleitung zur Werbung der Sparkassen bis 1923 referierte Prof. Dr. Peter Borscheid. Er ging grundsätzlich darauf ein, wie Werbung im 18. und 19. Jahrhundert aussah.

 

18. Jahrhundert. Die Sparkasse - weniger Bank, mehr Vorsorgeanstalt 

 

1778 wurde als eine der frühesten Sparkassen und Versicherungsanstalten die „Hamburgische Allgemeine Versorgungsanstalt“ gegründet, die aber allenfalls Zinssätze, Satzungen und Einzahlungstermine in einer Hamburger Zeitung veröffentlichte. Ziel der „Bürger“ war es demnach, durch Disziplin im Haushalten und Arbeitsleben den weniger Begüterten zu zeigen, was sie durch Sparen erreichen können.[251]

 

Im Königreich Bayern - die Sparkasse eine staatliche Institution

 

1816 wurde durch das Königreich Bayern eine Sparkasse gegründet, um für schlechte Zeiten und gegen Altersarmut vorzusorgen. Außerdem war eine Vorsorge, sprich Versicherung für Arbeitsausfälle in Form von kleinen Lohnabschlägen, vorgesehen.[252] Als halbstaatliche Institutionen mit einem gewissen Lehrauftrag, fast schon Vorsorgeinstitut für die arme bis bürgerliche Bevölkerung, hatten die Sparkassen davon abzusehen, Werbetätigkeiten zu entwickeln.

 

1880er Jahre Bankwerbung - Informationen für Kunden sind reglementiert

 

Äußerst selten sind bis in die 1880er Jahre Werbetätigkeiten von Sparkassen im deutschen Raum in Form von Broschüren oder Handzetteln. Inserate waren nach wie vor oft durch staatliche Behörden reglementiert und dienten der reinen Information von Zinssatz, Adresse und Öffnungszeiten. Primär war wohl die Mundpropaganda das Mittel zum Erreichen der Kundschaft.

 

1900 Pensionszahlungen durch die Sparkassen und Banken 

 

Die Werbetätigkeit kam erst mit den veränderten sozialen Begebenheiten um 1900 auf, nämlich dem immer länger andauernden Ruhestand der Erwerbstätigen, sprich den Rentnern, die nun versorgt werden mussten.[253] Mit der Einführung überregionaler Sparkassendienstleistungen, wie bargeldlosem Zahlungsverkehr (1908), kam es zur vermehrten Zusammenarbeit der Institute.

 

Im Ersten Weltkrieg, Sparkassen organisieren Kriegsanleihen 

 

Im I. Weltkrieg bedienten sich die Regierungen der Sparkassen, um dort in Plakat und Inserat offensiv für Kriegsanleihen bei der Bevölkerung zu werben und trugen damit massiv zu ihrer Bekanntmachung bei. Die Anleihen-Plakate bedienten sich hauptsächlich der Darstellung von Soldaten, Mutter-und-Sohn sowie Meuchelmord-Motiven.

Ein Plakat (Abb. 42) für die Bewerbung der 8. Kriegsanleihe (März 1918) von Louis Oppenheim wirbt mit einem Soldaten-Helm, in den Geldscheine fallen. Das Plakat trägt den Titel „Die beste Sparkasse: Kriegsanleihe!“. Um ein Heimatgefühl zu erreichen, verzichtete der Grafiker hier auf eine serifenfreie Schrift und wandte stattdessen eine abstrahierte deutsche Kurrentschrift an. Gefolgt wurde die Euphorie von einem Glaubensverlust an die vorgeblich mündelsicheren Anlagen nach 1918, da diese nach dem Kriegsende wertlos geworden waren.[254]

 

Michael Kriegeskorte kommentiert ein Werbeinserat der Lebensversicherungs- & Ersparnis Bank Stuttgart (Abb. 43), welches außer einem kleinen Bienenstock als Logo der Bank, haupt­sächlich aus Text besteht, folgend: „„Sicher tragfähig, Zeiten überdauernd und wohl­habend“ waren ganz offensichtlich die zu vermittelnden Inhalte. Schon damals war die repräsentative Selbstdarstellung das Wichtige für eine Bank […].“[255]

 

1920er Jahre - in den USA werben Banken selbstbewusst

 

In den Vereinigten Staaten von Amerika der 1920er Jahre hingegen warben Banken nicht nur in Tageszeitungen und mit Lichtreklame, sondern sogar mit 2,5 x 6 m großen Plakaten. Die Spar- und Hypothekenbanken waren hierin führend, während die Trust Companys sich zurückhielten. Bildmotive sollen selten gewechselt haben.[256]

Auffallend in den Tages­zeitungen der damaligen Zeit, der freie Raum (blank space) des Gestalteten und die Ver­wendung der eleganten Antiqua-Schrift. Selten werden Illustrationen verwendet und wenn, dann häufig das Bankhaus selbst, Bootsdarstellungen, Industrieprojekte und historische Ereignisse. Themen wie „Familie“, „Erholung“, „Urlaub“ oder „Freizeit“ durch Sparen sind kaum zu finden. Humorvolle Bildthemen sind in Hundhausens Buch jedenfalls nicht abgebildet.[257]

 

1960er Jahre - die Sparkassen kennen ihre Werbegeschichte nicht wirklich

 

In einem bankinternen Magazin liefert Ludwig Birkenmeister 1962 folgende Einschätzung zur Geschichte der Bankwerbung ab: „Wenn wir heute über Bankenwerbung sprechen, so müssen wir bedenken, dass Bankwerbung noch ein recht junger Begriff ist, dessen Geburtsstunde in die erste Hälfte unseres Jahrhunderts fällt. […] Erst der Erste Weltkrieg brachte den Anstoß zu einer intensiveren Werbetätigkeit der Kreditinstitute. […] [zur Werbetätigkeit damals gehörten: ] stärkere Insertionsdurchführungen, Wurfsendungen, Flugzettel und Prospekte.“[258] Er stellt weiterhin fest, dass es in den Jahren nach der Monarchie und vor der Zinsatzgarantie diverse sittenwidrige Auswüchse in der Werbung gegeben habe.[259]

 

Friedrich Friedl - das Standardwerk zum Sparkassenplakat 

 

Eine ausführliche Publikation von Friedrich Friedl [260], die als Standardwerk zum deutschen Sparkassenplakat bezeichnet werden kann, kam 1992 auf den Markt und zeigt die Entwicklung seit den 1920er Jahren auf. Gerade die endenden 1940er Jahre sowie die 1950er Jahre sind thematisch geordnet nach folgenden Themen: die Rolle der Frau, die Rolle des Mannes, die Bauern, die Jugend, nationale Symbolik, Schulsparen, Reisen, Bausparen, Umbruch 1945. Kunsthistorische Vergleiche werden angesprochen. So merkt Friedrich Friedl an, dass Werbung und besonders das Plakat in Deutschland nach dem Zusammenschluss verschiedener eigenständiger Sparkassenbereiche 1924 erst richtig aufkamen. In jenem Jahr wurden bei der „gemeinsamen Sparkassentagung“ Ziele zur gemeinsamen Werbelinie erörtert.[261]

 

1924 - der Deutsche Sparkassentag gründet den Sparkassen-Werbeausschuss 

 

Schließlich schlossen sich am 25. August 1924 die Teilnehmer des deutschen Sparkassentages zu einem Werbeausschuss zusammen. Als „Sparkassenwerbedienst“ erledigt diese Einrichtung die Vermarktung der einzelnen Sparkassen und seit 1962 geben sie zentrale Empfehlungen in Bezug auf Marketing heraus.[262]

 

1925 - Österreichs Sparkassen beginnen massiv zu werben

 

In Österreich warben die Sparkassen erstmals in größerem Stile 1925 in der Zeit um den Weltspartag mit Plakat, Anzeigen sowie Rundfunk.[263]

Mit den Ergebnissen in Bezug auf künstlerische Plakatgestaltung war der „Werbeausschuss der Deutschen Sparkassen“ Ende der 1920er Jahre nicht zufrieden.[264] Erschwerend kam vor allem die Finanzkrise 1929, mit ausbleibenden Einzahlungen und Geldentwertung, hinzu. Ferner war das Bevorzugen der Inseratenwerbung vor dem Plakat wenig förderlich zum Gedeihen letzteren Mediums.

 

Bankwerbung im Nationalsozialismus - das Sparkassenplakat gewinnt an Bedeutung 

 

Unter den Nationalsozialisten schließlich kam das Bank-Plakat groß auf.[265] Dement­sprechend finden sich bis dahin fast ausschließlich Anzeigen in Tageszeitungen als öffentliche Werbung. Das Titelbild des Magazins „Sparkassen-Werbedienst – Leitgedanken der Sparkassen-Werbung“ (Abb. 44) vom März 1938, zeigt eine Zeichnung, auf der das stilisierte hausinterne Magazin „Werbeplan“ im Mittelpunkt zu sehen ist. Rund herum sind die verschiedenen Einsatzbereiche der Werbung wie Plakate, Prospekte, Film, Werbezeitschriften, Schaufensterausstellungen und Schulsparen dargestellt.

 

1950er Jahre - Sparkassenwerbung etabliert sich in Deutschland aus dem Nichts heraus wieder neu

 

Zehn Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland warben die Sparkassen erneut auf der Straße in aller Öffentlichkeit, wie es eine weitere Zeichnung (Abb. 45) darstellt, die Litfaßsäule mit Plakaten zeigt, an der Passanten des Weges vorbeiziehen.

Nach dem II. Weltkrieg war für Jahre die Werbetätigkeit der Banken im deutschsprachigen Raum de facto nicht mehr vorhanden. Im Vergleich dazu warb in Großbritannien die „Post Office Bank“ schon in großem Stile. Wiederaufbauanleihen waren in Frankreich und Dänemark Thema der Motivwahl zu dieser Zeit.[19] Erste in der „International Poster Annual“ abgedruckte Plakate in Deutschland finden sich 1952 für die Frankfurter/Main „Credit Union“ (Abb. 46) von K. H. Baum.[266]

 

1969 - Überlegungen zu Bankplakaten 

 

Anforderungen an gelungene Bank-Plakate stellt Dieter Spoo 1969 in seinem Buch zur Bankenwerbung auf nur zwei Seiten vor - womit deutlich wird, wie vernachlässigt dieses Thema war.[267]

 

2007 - die ING Group zeigt niederländische Bankplakate 

 

2007 kam in den Niederlanden ein Buch über Banken- und Versicherungswerbung im Plakat der Sammlung der Bankengruppe „ING Group“ heraus [268].

Das älteste Textplakat in deren Sammlung stammt aus dem Jahr 1819 und ist im Versicherungsbereich entstanden.[269] Eben­falls ausschließlich mit Text versehen ist das zweifarbige (rot und schwarz) Plakat der „Rijkspostspaarbank“ von 1893. Ein Versicherungsplakat (Abb. 47) von 1891 hingegen zeigt neben Text auch eine Grafik. Eine heroische Frauengestalt wehrt mit einem Schild das Feuer eines brennenden Hauses ab. Als Zeichen des Trostes hält sie einige Zertifikate (Polizzen) in der anderen Hand, während der gebrochene Mann zu ihren Füßen noch verzweifelt den Kopf in seine Hände legt.

 

Erste Bildtextplakate wurden von Versicherungen (Lebens-, Kranken- und Haushaltsversicherungen) in Auftrag gegeben.[270] Die Bankenwerbung um 1900 kannte viele Frauenallegorien, die von großem Pathos umweht waren. Aber schon sehr früh zog wohl ein humoriger Aspekt in die Plakate ein, wie das Beispiel Willy Sluiters für die „Rywiel Verzekerung“ von 1924 zeigt. „Reiche Menschen“ (Abb. 48) sehen ihrem Stande entsprechend argwöhnisch auf arme Kofferträger herab. Die Vermögenden scheinen sehr glücklich über ihre Gepäckversicherung zu sein, da sie Angst vor einem Diebstahl ihrer Koffer haben. Unter der Grafik wird die Leistung der Versicherungsgesellschaft genannt.

 

2007 - Johann Hock schreibt über Geschichte der Bankwerbung der Zentralsparkasse

 

Den wohl fundiertesten theoretischen Überblick über die chronologische Ent­wicklung der österreichischen Bankwerbung mit Schwerpunkt auf die „Z“ lieferte der ehemalige Bereichsdirektor für Marketing und spätere Direktor mit Generalvollmacht der „Z“, Johann Hock 2007, in seinem Aufsatz “Tabubruch im Bankgeschäft oder vom Hinterzimmer in die Auslage“.[271]

Im Buch selbst befinden sich leider keine Abbildungen von Plakaten oder weiteres Werbematerialien.

 

2008 - im Jahr der Krise findet sich die gute alte Sparerziehungswerbung im www wieder

 

Im World Wide Web (www) hingegen trug Michael Heim 2008 unter dem Titel: „Nicht sexy, aber sicher“[272] einige Plakate, die das deutsche Sparkassenbuch zum Thema haben, auf der Homepage des deutschen Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ (www.einestages.spiegel.de) zusammen. Der Text und die Beschreibung der Fotografien sind aber nicht allzu hohen wissenschaftlichen Wertes, sondern dienen eher der schnellen Übersicht.

 

Diplomarbeiten beschäftigen sich mit Sprache und Gesetzeslage der Bankwerbung

 

Matthias Görgen legte zum Thema Bankwerbung 1989 eine Diplomarbeit[273] vor, die sich zwar nicht kunsthistorisch, aber mit Werbung unter wirtschaftlichen Aspekten aus­einandersetzt. Hierbei beachtet er besonders die Jahre um 1970 bis 1988 und kommt zu dem Schluss, dass die Bankenwerbung in der Bundesrepublik Deutschland erst richtig in den 1960er Jahren aufkam, als diverse gesetzliche Beschränkungen fielen,[274] und dieser Trend in Österreich ein paar Jahre später einsetzte.

 

1967 Bankwerbung wird gesetzlich nicht mehr so stark reglementiert

 

Tatsächlich bedeutete 1967 für die deutschen Geldinstitute im Bereich der Werbung eine große Veränderung der seit 1936 bestehenden und fast unveränderten Vorschriften. Zahlreiche gesetzliche Vorgaben, die die Bankwerbung einschränkten, fielen weg.

 

So konnte nun schriftliche und persönliche Werbung versendet werden, weiters Hinweise auf „mündelsicher“ oder Gewährung der Einlagensicherheit gegeben, Handzettel verteilt und nicht nur Anschlagsflächen plakatiert werden, das Schulsparen selbst bei Ablehnung der Schulleitung beworben, Sachgeschenke verteilt, Preisausschreiben durchgeführt, sachliche Spendenwerbung (Sponsoring?) genannt, Werbeveranstaltungen durchgeführt, mit Hinweisen auf diskrete und vertrauliche Behandlung von Kundendaten (kein Bankgeheimnis) geworben, Haben- und Sollzinsen außerhalb der Geschäftsräume genannt, sowie kostenlose Services angeboten und die Nennung der Schalterstunden genannt werden.[275]

 

1970er Bankwerbung - Humorloser Einheitsbrei mit sexistischen Tendenzen

 

Die heute auffallende Ähnlichkeit von Werbematerial (Plakat, Broschüre, Kino) erklärt sich Görgen durch die Entwicklungstendenz von Individualbanken hin zu Universalbanken, die sich besonders in den 1970er Jahren durchsetzte.[276]

Eine Universalbank möchte alles an­bieten, Privatkredite, Geschäftskredite, Sparbücher, Girokonto, Aktien, Anleihen und vieles mehr[277].

Um möglichst viele potentielle Kunden zu erreichen, sollte die Werbung Sach- oder „Lifestyle“ orientiert sein und bot daher kaum noch Raum für Humor oder markige Sprüche. Auch das Thema „Verzicht“ oder „Sparen“ wäre äußerst kontraproduktiv gewesen, da vor allem Konsum und Prestige im Vordergrund stehen sollten. So ging der Trend weg von der Produktwerbung der Banken hin zu einer Imagewerbung für das Geldhaus, oder wie es der deutsche Sparkassenverbund nennt: „Mit Mitteln der Sympathie und Vertrauen [versucht man] den potentiellen Kunden zu gewinnen. An Stelle des Markenbildes wird in steigendem Maße das Firmenbild [Image] propagiert.“[278] Anstelle eines Sparbuchs zeigte man etwajunge dynamische Menschen beim Segeln auf einem Boot (ersetzbar durch Champagner­partys, Autos, etc.) mit dem Hinweis, dass dieser Lebensstil nur mit einer Bank leistbar sei.[279]Bedeutete dies nun „Mehr Schein als Sein“ zu propagieren?

 

Angelika Peitler beschäftigte sich 1996 mit Sprache und Illustration in der Banken­werbung internationaler Geldinstitute. [280] Kunsthistorisches bietet aber auch dieses Werk nicht. Die Diplomarbeit „Print Advertising in the World of Banking Institutions“[281], 1998, ebenfalls an der Universität Klagenfurt erschienen, behandelt unter wirtschaftswissen­schaftlichen und linguistischen Aspekten (Marketing) Bankenwerbung Ende der 1990er Jahre. Es wird gleichfalls nicht auf ältere Werbung eingegangen oder ein historischer Überblick gegeben. Zur Analyse von Printmedien bietet diese Arbeit aber für die Kunstgeschichte, wie die kurz zuvor erschienene Diplomarbeit, aufschlussreiche Hinweise wie beispielsweise: „Print advertisements, no matter what product or service they promote, consist of at least five different components: the body copy, the headline, the signature line, the illustration and standing details. The signature line is in turn divided into the slogan and the logo.”[282]

 

1967 Der Grafiker Heinz Traimer äußert sich zur Bankwerbung

 

Erfreulicherweise hinterließ Traimer ebenfalls seine Sicht über Bankwerbung. 1967 brachte der Grafiker in einer Rede vor Angehörigen der Sparkassen zur Sprache, was er von der Bankenwerbung halte. Hier äußerte er sich zum besonderen Aufgabenfeld der Gestaltung eines Sparkassenplakats, respektive eines Bankplakats. Aus dieser Rede sollen hier Auszüge genannt werden. Traimer war sich demnach sehr bewusst, dass er kaum so frei arbeiten könne wie ein Gebrauchsgrafiker, der nicht für Banken arbeitet und versuchte zu erklären:

 

„[…] Wie entsteht so ein Plakat, wie lauten die Aufgaben, welche Gesetze gibt es zu beachten, welche Probleme treten auf? Auch hier gibt es kein Allgemeinbeispiel. Jedes Plakat erfordert seine sehr individuelle Behandlung. […] Fragen wie „wie soll ein Werbemittel beschaffen sein, oder was ist ein Plakat“ sind natürlich generell schwer zu beantworten. Es gibt da eine Reihe von Definitionen, z. B. Das Plakat – der revolutionäre Schrei der Straße, oder „das Plakat soll ein schockierendes Rufzeichen sein“ usw. Manchmal werden dazu auch Beispiele gezeigt, - aber letzten Endes gibt es verhältnismäßig wenige Themen, auf die sich diese Forderungen anwenden lassen. […]

Ich unterscheide bewusst Plakat und Sparkassenplakat. Das Plakat, oder sagen wir das Konsumplakat unterscheidet sich meistens schon durch seine Größe 2, 4 oder 8 Bogen, Sparkassenplakat 1 Bogen. Dazu scheint es auf Anschlagsflächen u. Plakatsäulen auf – während unser Plakat – 1 Bogen – überwiegend in den Schaufenstern hängt. (Wird es auf öffentlichen Plakatflächen affichiert, so wäre ratsam, es in doppelter Ausgabe – also 2 nebeneinander anzuschlagen. Das nur nebenbei).

Ich möchte hier nicht weiter auf den Unterschied zwischen Konsumplakat u. Sparkassenplakat eingehen – in Bezug auf die Thematik ist das wohl klar – ich möchte nur sagen, dass es ungemein schwieriger ist, ein Plakat zu machen für eine abstrakte – begrifflich oft schwierige und manchmal unpopuläre Sache – als für einen Konsumartikel, den der Betrachter unter Umständen gerne haben möchte.

Ein Plakat für Badeanzüge - oder BH erfordert neben einem hübschen Modell im Wesentlichen vom Grafiker ein ästhetisches Gestaltungsvermögen. Wie setze ich das Mädchen gut und anders als gewohnt in den Raum, wie kann ich es durch Farbe von den Üblichen unterscheiden. Dazu kommt meist außer dem Firmenschriftzug kaum eine Schrift. Das Ganze ist also im Wesentlichen Aufgabe der Gestaltung. Das Gleiche gilt für den Großteil aller Plakate. Manche Firmen bieten Spielraum für moderne Experimente – unter den meist schlechten Filmplakaten – die Atlas-Film. […]

Das Sparkassenplakat erfordert primär eine geistige Auseinandersetzung mit dem Thema. Nehmen wir z. B. das Konto. Ich kann allgemein auf ein Konto aufmerksam machen – sozusagen good-will für das Konto. Ich kann das Prestige-Gefühl ansprechen, ich kann den funktionellen Ablauf, die Technik bringen, ich kann das Zeitgemäße anvisieren: der moderne Mensch hat ein Auto, eine Waschmaschine einen Fernsehapparat und ein Konto, das Konto spart Zeit, ich kann die Vorteile, den Dauerauftrag bringen. Ich finde also eine Reihe von Gesichtspunkten, die für das Konto in Betracht kommen. Dann eliminiere ich, was war thematisch schon da, bezw. was scheint derzeit aktuell besonders günstig anzukommen.

 

Welche Argumente sind wirklich ehrlich, welche bieten wirklich einen Vorteil, wie kann ich mit gutem Gewissen z. B. das Gehaltskonto „verkaufen“? Es ist schon nicht leicht einen Artikel von nur einer Maschinenseite über das Konto zu schreiben. Das Plakat soll mit nur einem Slogan, d. h. nur ein paar Worten auskommen. […].“[283]. Anschließend beschreibt er an einem Plakat seine Gedankengänge hierzu.

 

Bankwerbung - eine schwierige Angelegenheit wie Postwerbung und Versicherungswerbung

 

Vielleicht mag man die Bankengrafik noch am ehesten mit Versicherungswerbung, Allgemein Werbung zum Kauf heimischer Produkte (Abb. 49) oder Werbung der „Wirtschaft“ (Abb. 50) vergleichen können. Im weitesten Sinne dürften auch Post-Werbegrafiken in diese Gattung fallen. So wird beispielsweise das „richtige“ Ausfüllen der Adressen beworben (Vergleich Scheck/Überweisung), das Frankieren mit Mindestwert des Postwertzeichens (statt der Prozente des Ertrages sind es die Tarife), Bewerbung des Telefonbuches (Sparbuch) oder Briefmarkenkauf (Anleihen), um ein weiteres Feld zu eröffnen.[284]

 

Text: Matthias Bechtle, Wien 2012.

Zitierweise: Bechtle, Matthias, Heinz Traimer, Diplomarbeit m.s., Universität Wien 2012, S.45-56.


[248] Vgl. Sparkassenverlag (Hg.), 3. Jahrgang, Heft 5. September/Oktober 1955, S. 114-115.

[249]Hierzu: Zimmerl, Ulrike: Funktional Repräsentativ Sicher. Die Architektur von Banken. In: Beitl/RappWimberger (Hg.) 2009, S. 49-60.

[250]Emmerich, Norbert, Geschichte der deutschen Sparkassenwerbung, 1750-1995, Stuttgart 1995.

[251] Vgl. Borscheid, Peter. In: Wissenschaftsförderung der Sparkassenorganisation e. V. (Hg.) 1995, (19-42) S. 21-23.

[252] Vgl. ebenda, S. 19-22.

[253] Vgl. ebenda, S. 29-34.

[254] Vgl. ebenda, S. 35-40. Sowie: Vgl. Emmerich 1995, S. 77-81.

[255]Kriegeskorte 1995, S. 15.

[256] Vgl. Hundhausen 1929, S. 66-67.

[257] Vgl. Abbildungen. In: Hundhausen 1929.

[258]Birkenhaller Ludwig, Bankwerbung Einst und Jetzt. In: Der Bankkaufmann. Mitteilung aus der Bankpraxis, Creditanstalt – Bankverein (Hg.), 9. Jahrgang, Heft 1 - Februar 1962, Sondernummer: Bankwerbung, Wien 1962, S. 11.

[259] Vgl. ebenda S. 12.

[260] Friedl, Friedrich, Wer den Pfennig nicht ehrt… Plakate werben für das Sparen, Mainz 1992.

[261] Vgl. Friedl 1992, S. 62-63. Sowie Emmerich 1995, S. 35-36.

[262] Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband - Zentralstelle für Sparkassenwerbung (Hg.), Sparkassen Werbung. Zentrale Werbe-Empfehlungen für das Jahr 1964, S. 9-10.

[263] Vgl. Sparkassenverlag (Hg.), 3. Jahrgang, Heft 5 - September/Oktober 1955. Rückseite.

[264] Vgl. Friedl 1992, S. 64.

[265] Vgl. ebenda, S. 65.

[266] Vgl. die Jahrgänge der „International Poster Annual“ von 1948-1955. Herausgegeben von W. H. Allner, Mainz, St. Gallen, Stuttgart 1948–1955.

[267] Vgl. Abbildungen in Allner 1952, S. 88 und 90.

[268] Spoo 1969, S. 118-120.

[269] Beentjes, Anette, Uitgeteld, Affiches uit historische collectie van ING. Amsterdam 2007.

[270] Vgl. Abbildung 1 in: Beentjes 2007, S. 28.

[271]Johann Hock, „Tabubruch im Bankgeschäft oder vom Hinterzimmer in die Auslage“. In: Frasl/Haiden (Hg.) 2007, S. 341-370.

[272]„Nicht sexy, aber sicher. Deutsche Heiligtümer – das Sparbuch“. Artikel von Michael Heim auf einestages.spiegel.de, erstellt am 28.10.2008. http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3044/nicht_sexy_aber_sicher.html Stand 02.04.2011.

[273]Görgen, Matthias, D.A. m.s., Entwicklungstendenzen in der Bankenwerbung. Von der Imagewerbung zur Produktwerbung. WU Wien 1989.

[274] Vgl. Spoo 1969, S. 21-29.

[275] Vgl. Sparkassen Werbung, Deutscher Sparkassenverlag (Hg.), Heft 1 1967, S. 18-19.

[276] Vgl. Görgen 1989, S. 7-9.

[277] Vgl. Spoo 1969, S. 22.

[278]Sparkassen Werbung, Heft 1 1967, S. 35.

[279] Vgl. Abbildung und Erläuterung zu drei Männern in einem Segelboot. In: Beitl/Rapp und Rapp-Wimberger (Hg.) 2009, S. 114.

[280]Peitler Angelika, D.A. m.s., Language and Illustration in international Bank Advertising, Universität Klagenfurt 1996.

[281] Schweiger Barbara, D.A. m.s., Print Advertising in the World of Banking Institutions. Marketing & Language Aspects, Universität Klagenfurt 1998.

[282]Schweiger 1995, S. 46.

[283]Quelle: Rede Traimer (2) 1967.

[284] Vgl. Abbildungen der Britischen Post in: http://www.postalheritageprints.co.uk/ 2010 und die Jahrgänge der „International Poster Annual“, Allner (Hg.) 1948-1970.

 

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